Die Ursache, dass Schloss Stolzenfels geläufig als „Sinnbild der preußischen Rheinromantik“ bezeichnet wird, beruht auf dem Umstand, dass es in seiner jetzigen Form nach Vorstellung und Wünschen des späteren Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. errichtet wurde. Der zu diesem Zeitpunkt noch amtierende Kronprinz Preußens war bekannt als bekennender Rhein-Enthusiast und setzte mit dem Weiterbau des Kölner Doms, aber auch dem Wiederaufbau Stolzenfels´ Zeichen dafür, dass dem Rhein eine verstärkte nationale Bedeutung zugesprochen werden sollte und wurde.

Für den Rhein-Reisenden ist das leuchtend sandsteinfarbene Bauwerk, welches rechtsrheinisch von Koblenz gesehen über dem gleichnamigen Stadtteil Stolzenfels thront, nicht zu übersehen, jedoch vermutet dieser, der bei seiner Reise entlang des Stroms vielzähligen altersgrauen Burgruinen begegnet ist, hinter Schloss Stolzenfels vermutlich keine in langer Geschichte verwurzelte Burg.

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Und doch ist es so. So war es der Trierer Erzbischof Arnold II. von Isenburg (1242-59), der  im 13. Jahrhundert veranlasste, eine Burg an dieser Stelle zu errichten, da von der Position aus der Grenzverkehr gut zu kontrollieren und Zollerhebungen von der Rheinschifffahrt möglich waren.[1] Doch ein weiterer Grund, der für den Bischof hinsichtlich der Errichtung von große Relevanz war, lag darin, dass sein Kurfürstenbistum an dieser Stelle Kurköln und Kurmainz begegnete. Letzteres Bistum verfügte zu diesem Zeitpunkt an gegenüberliegender Rheinseite bereits über eine entsprechende Zollburg, nämlich Burg Lahneck, welche noch heute wiederaufgebaut auf einem Bergkegel über Oberlahnstein zu finden ist. Entsprechend zeigt sich die Intention des Trierer Erzbischofs, mit der Errichtung Stolzenfels´ eine Gegenburg zum mainzischen Pendant zu schaffen. Und tatsächlich: Wo immer man sich befindet, hat man von Stolzenfels aus die Lahneck (und umgekehrt) im Blick und spürt die einstige Aufgabe beider, Schutz und Gleichgewicht an dieser Grenzstelle zu sichern.

In dieser Form verweilte die Burg nahezu vier Jahrhunderte, bis sie um Rahmen des Dreißigjährigen Kriegs sowohl von den Schweden (1632) als auch jeweils für zwei Jahre (1634 und 1646) von den Franzosen besetzt, aber nicht zerstört wurde. Den durch den französischen König Ludwig XIV. provozierten Pfälzischen Erbfolgekrieg überstand die Burg jedoch nicht. So wurde sie zerstört und zerfiel die kommenden 150 Jahre zu einer Ruine.[2]

Abb. 1: Ruine der Burg Stolzenfels (Scheuer (2003))


[1] Vgl. Welchert (1992), S. 151.

[2] Vgl. Rathke (1979), S. 46.

Im Jahre 1802, während der französischen Zeit, wurde die zerstörte Burg der Stadt Koblenz als Eigentum übertragen. Unter dem damaligen Koblenzer Oberbürgermeister Abundius Maehler und der Abstimmung innerhalb des Stadtrats entschied man sich, die Ruine dem für Burgenromantik empfänglichen preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm IV. zum Geschenk zu machen. Die entsprechende Schenkungsschrift wurde am 04. März des Jahres 1823 an den Kronprinzen gesandt und liegt innerhalb der Ausstellung als Kopie des handschriftlichen Originals, welches in dem Koblenzer Staatsarchiv archiviert ist, vor. Ein Auszug daraus lautet: „Durchlauchtigster Kronprinz, gnädigster Prinz und Herr! Der Stadtrat, in dem ihm freudigen und werten Bewußtsein, daß Seine Königliche Hoheit der Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen an diesseitiger Rheinprovinz sein höchstes Gefallen gefunden, besonders an den romantischen Burgen am Rhein, und daß es Höchstdemselben nicht unangenehm sein möchte, eine Felsenburg zu besitzen und als Absteige-Quartier zu halten, wenn er den Rhein besuchen für gut findet, und in Erwägung, daß die Stadt die Burg Stolzenfels bei Kapellen besitzt, deren Lage wirklich anziehend genannt werden darf, daß, wenn Seine Königliche Hoheit gewähren sollte, dieselbe zu seinem Aufenthalte bei Reisen in diese Gegend zu wählen, dies die treuen Wünsche aller hiesigen Einwohner krönen würde, daß endlich, vertrauend auf Höchstderselben gnädige und herzliche Gesinnung der Rat es wagen darf Seiner Königlichen Hoheit jenes alte Schloß anzubieten, beschließt das Anerbieten in folgender Adresse zu machen“[1].

Abb. 2: Gesamtgrundriss der Burgruine (Rathke (1979), S. 192)

Nach einem längeren Briefwechsel willigt Friedrich Wilhelm feierlich ein: „Bei dem großen Interesse, welches ich für die Rheingegenden überhaupt fühle, und bei dem Wohlgefallen, welches ich ganz besonders an der Lage des Schlosses Stolzenfels gefunden habe, hat mir das Anerbieten der Stadt Koblenz eine wahrhafte Freude gemacht. Ich nehme das Anerbieten umso dankbarer an, als es mir ein neuer Beweis der Anhänglichkeit der Einwohner der Stadt Koblenz ist und es mir Gelegenheit geben kann, länger an den Ufern des Rheins zu verweilen, dessen Bewohner mir bei meinen Reisen so wert geworden sind […]“[1].


[1] Ebd., S. 12.

[1] Koblenzer Staatsarchiv. Abteilung 403 Nr. 9565 S.3-4.

Darauf engagiert er die Architekten Johann Claudius von Lassaulx und Karl Friedrich Schinkel, um seine Vorstellung eines romantischen Schlosses, welches an das Zeitalter der Burgen erinnern sollte, umzusetzen. Er betonte dabei, dass vor allem die noch erhaltenen alten Mauern erhalten bleiben sollten.[1] So fertigte Lassaulx einen Grundriss der Ruine an, welche in gleicher Weise für die neue Schlossanlage genutzt wurde.

Die beiden Architekten begannen im darauffolgenden Jahre 1824 mit den ersten Plänen und Baumaßnahmen. So fertigte an erster Stelle Lassaux einen Wohnturmplan an und bereitet dazu einen Kostenvoranschlag vor. Ebenso gehen aus der Planung verschiedene Zugänge, die von der Rheinstraße zum Schloss führen sollen, hervor.  Letztere werden in dieser Form umgesetzt, die Ausbauten der Ruine zum Schloss werden jedoch anschließend von Karl Friedrich Schinkel in zwei sogenannten „Schinkel-Plänen“ in anderer Weise aufgesetzt. Aus Berlin wird den beiden Architekten mitgeteilt, dass eine endgültige Genehmigung eines Bauvorhabens ohnehin nur erfolgen könne, wenn der Kronprinz persönlich vor Ort bei der Planung mitentscheiden werde.[2] Letzten Endes setzte sich der zweite Schinkel-Plan, der entsprechend als „Generalplan“ bezeichnet wurde, durch und die Bauarbeiten begannen im Jahre 1836. Diese arbeiten sollten 14 Jahre andauern und endeten mit dem Auftrag an ein Eisenbahnunternehmen, einen Anschlag eines Wegebaus zum Schloss anzufertigen.[3] Seit jeher thront das Schloss in der von Caspar Schauer gezeichneten Form (siehe Abbildung 3) majestätisch über dem Rhein.

Abb. 3: Der fertige Wiederaufbau in seiner heutigen Form (Scheuer (2003))


[1] Vgl. Welchert (1992), S. 153.

[2] Vgl. Rathke (1979), S. 60 f.

[3] Vgl. Ebd., S. 94.

Nicht umsonst gilt das Schloss Stolzenfels bis heute als das „beste Beispiel“ für den Übergang der Schinkelschen Architekturhaltung hin zur rheinischen Spätromantik. [1]

Abb. 4: Das Wohnzimmer von König Friedrich Wilhelm (Scheuer (2003))

Während im Äußeren eher einzelne mittelalterliche Gebäudeteile im Sinne der Neugotik vereinheitlicht wurden, so sind im Inneren die Raumfolgen und Raumzuschnitte eher winkelig und klein. Alle Möbel des Wohnzimmers wurden von Handwerkern aus der Umgebung handgefertigt. So stammen die meisten Tische und Stühle vom Kunsttischler Johann Wilhelm Vetter, der mehrere Möbelstücke aus einer großen Mooreiche anfertigte. Betrachtet man die reale und heutige Inneneinrichtung des Wohngemachs, so fällt aus, dass Caspar Scheuren eine perspektivische enorme Überhöhung der tatsächlichen Proportionen gezielt eingesetzt hat (siehe Abbildung 4): So wirkt die nur knapp 1,80 m hohe Holztäfelung viel höher. Ebenso vermittelt die Holztür einen fast doppelt so großen und breiten Eindruck.

Weiter hat man durch etliche Fensternischen und Erkerräume einen erstaunlich weitsichtigen Blick auf die sich ausbreitende Rheinlandschaft. Mit farbigen Glasmalereien verzierte Fenster erlauben sowohl gen Norden als auch Osten einen fabelhaften Blick auf Koblenz, Ehrenbreitstein und die Lahnmündung. [2]

Was das Schloss Stolzenfels jedoch selbst Mitte des 19. Jahrhunderts schon besonders gemacht hat findet man in einem ganz banalen Aspekt; nämlich dem des Pekuniären, also des Tourismus. Es ist bemerkenswert, dass sich im Korkenmodell von der Burgruine eine Treppe wiederfindet, welche es Besuchern ermöglichte auf eine Aussichtsplattform zu gelangen.[3] Nach Wiederherstellung des Schlosses 1850, ermöglichte Friedrich Wilhelm seinen Besuchern ebenso die freie Besichtigung seiner Sommerresidenz. Noch heute ist das Schloss eins der meistbesuchten Gebäude im Rheinland und übt, wie zu damaliger Zeit auf den jungen Kronprinzen oder Königin Victoria im Jahre 1845, eine nicht minder große Anziehungskraft aus.

[1] Vgl. Hörner (2013), S. 51.

[2] Vgl. Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (2016), S. 6.

[3] Vgl. Hörner (2003), S. 54.


Lust auf mehr?!

  • Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz: Schloss Stolzenfels. Regensburg: Schnell & Steiner Verlag GmbH 2016.
  • Haberland, Irene (Hrsg): Das Stolzenfels-Album von Caspar Scheuren. Koblenz: 2003)
  • Hörner, Richard: Schloss Stolzenfels. Eine Einführung. Wörth am Rhein: SCL Scriptline Verlag 2013.
  • Koblenzer Staatsarchiv. Abteilung 403 Nr. 9565
  • Rathke, Ursula: Preußische Burgenromantik am Rhein. Studien zum Wiederaufbau von Rheinstein, Stolzenfels und Sooneck. München: Prestel 1979.
  • Welchert, Hans-Heinrich: Burgen und Dome am Rhein. Frankfurt am Main: Societäts-Verlag 1992.