Ein Wahrzeichen der Rheinromantik

Die von Historie, Sage, Lyrik und Gesang umrankte alte Burg Rolandseck (Rolandsbogen) hoch oben über dem Rhein, ist wesentlicher Bestandteil der sagenreichen Geschichte des Rheintals und deren lyrischer Bedeutung. Der Ort begeisterte die Menschen damals wie heute, allerdings nicht nur durch seine Geschichte oder Legende, sondern insbesondere durch den besonderen Ausblick auf das Rheintal und mit Blick auf die Insel Nonnenwerth, die Burg Drachenfels sowie das Siebengebirge.
Schon Alexander von Humboldt faszinierte der Blick vom Rolandsbogen auf den Rhein und er empfand diesen als einen der schönsten der Welt (vgl. Roessler 1997, S. 11).
Der Rolandsbogen, die nördlichste Burgruine in Rheinland-Pfalz an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen, ist der Überrest der ehemaligen Burg Rolandseck und zählt zu den bekanntesten mittelalterlichen Bauwerken des Rheinlands. (vgl. Roessler 2011, S.3)
Die Burg Rolandseck, 1122 vom Erzbischof Friedrich I. von Köln erbaut, war eine von mehreren Burgen, die den Rhein säumten. (vgl. Ruland 1990, S.3)
Im Laufe der Zeit blieb nach starken Beschädigungen von der Burg lediglich ein letztes Burgfenster über, der sogenannte Rolandsbogen. Dieser letzte Überrest hielt über dreieinhalb Jahrhunderte und entwickelte sich in späteren Jahren neben dem Drachenfels oder der Loreley zu einem Wahrzeichen der Rheinromantik des 18. und 19. Jahrhunderts. (vgl. Preußen 2011, S. 154)
Nach seinem altersbedingten endgültigen Einsturz 1839 wurde der Rolandsbogen mit Spenden aus dem Volk wiederaufgebaut und für die Nachwelt erhalten.
Der Rolandsbogen ist ein Ort am Mittelrhein, der von vielen Dichtern und Künstlern in der Epoche der Romantik verherrlicht und Gegenstand zahlreicher Werke wurde. Zerfallene Burgen wie die alte Burg Rolandseck strahlten für die Schriftsteller wie Ferdinand Freiligrath im 19. Jahrhundert eine besondere Faszination aus. Der Bogen vereinte zwei getrennt stehende Streben und symbolisierte so „die Verbindung von Getrenntem zur Einheit“ (Roessler 2001, S. 21), was sich nicht nur auf die Rolandsage bezog, sondern auch auf den Wunsch nach einer nationalen Einigung Deutschlands.
Das Motiv des Bogens begeisterte Autoren seit der Romantik sowohl aus der Fernsicht, beispielsweise vom Schiff aus, wie auch vor Ort mit einer einmaligen Aussicht auf das Rheintal. Auch die Geschichte der Ruine Rolandseck sowie insbesondere die romantische Rolandsage entzückten die Dichter, wodurch sie Gefühle wie Liebe, Treue, Trauer, Tapferkeit und Religiosität mit diesem Ort verbanden.
„Blick vom Rolandsbogen auf das abendliche Rheintal und das Siebengebirge“,
Gemälde von Andreas Achenbach von 1834
Der idealisierten Rheinbeschreibung der Schriftsteller folgten im 19. Jahrhundert viele Menschen, sodass durch den aufkommenden Tourismus immer mehr aus dem In- und Ausland an den Rhein reisten und die romantischen Sehenswürdigkeiten aufsuchten. So zählt auch der Rolandsbogen seit dem 19. Jahrhundert zu den touristischen Zielen und wird bis heute gerne aufgesucht. Für die große Zahl an Touristen wurde das Motiv des Rolandsbogens in vielerlei Andenkenvariationen erstellt und auch gerne von den Touristen zur Erinnerung an diesen besonderen Ort gekauft, wie die Sammellöffel zeigen.
Auch Postkarten mit dem Bogen als romantisches Motiv wurden gerne von einer Rheinreise verschickt. Die Postkarte, die den efeuberankten Rolandsbogen mit Blick zum Petersberg und Drachenfels im Siebengebirge sowie das anliegende Restaurant zeigt, wurde von Bonn Bad-Godesberg im Mai 1985 nach Magdeburg in die DDR geschickt. Das Motiv des Bogens wurde nicht nur national, sondern auch international verschickt, was die Postkarte aus dem Jahr 1959 belegt, die nach Istanbul (Türkei) verschickt wurde. Der auf den Postkarten abgebildete Rolandsbogen wurde im Jahr 2010 vom Efeu befreit, um ihm vor einem erneuten Einsturz zu bewahren.

Heutige kulturelle Bedeutung des Rolandsbogens

Auch wenn die Rheinlandschaft sich im Laufe der Jahre durch verschiedene Baumaßnahmen verändert hat, sodass man nicht mehr von der von den Dichtern beschriebenen unberührten Natur sprechen kann, fasziniert die Landschaft des Rheintals mit ihren kulturellen und geschichtsträchtigen Sehenswürdigkeiten dennoch. Die Mittelrheinregion wurde sogar von der UNCESCO zum Weltkulturerbe erklärt. (vgl. Cepl-Kaufmann/Johanning 2003, S. 7)
Romantische Zeugnisse vergangener Zeiten wie der Rolandsbogen ziehen auch heute noch viele Menschen an und sind bei einer Schiffsfahrt auf dem Rhein immer noch ein attraktiver Blickfang.
Seit dem Jahr 1893 existiert für die Touristen am Rolandsbogen eine Gastwirtschaft, welches die Basis für das heutige Restaurant bildet. Die besondere Gastronomie mit einer Mischung aus Natur, Geschichte und Rheinromantik wird heute von den Menschen gerne zum Verweilen, Genießen der Aussicht oder auch für kulturelle und musikalische Aufführungen, Feiern und Hochzeiten aufgesucht. So wirbt die offizielle Internetseite des Rolandsbogens mit der Rheinromantik sowie mit einer Aussicht, die als „überwältigend schön, wie eine perfekte Theaterkulisse“ (http://www.rolandsbogen.de/geschichte.html – abgerufen am am 16.07.2018) beschrieben wird. Dies ist auch ein Hinweis auf die dahinterstehende Inszenierungspraxis: Reale Orte werden zu symbolischen, mythischen Orten, zu Projektionsflächen von Gefühlen und Stimmungen.
Auch die romantische Sage von Roland und Hildegunde hat heute noch für die Menschen Aktualität und eine besondere Bedeutung, sodass am Rolandsbogen eine offizielle Außenstelle des Standesamtes Remagen errichtet wurde. Somit wird verliebten Menschen an diesem geschichtsträchtige Ort ermöglicht, den Bund der Ehe einzugehen und sich – wie der Sage nach – ewige Liebe und Treue zu schwören.
Neben unzähligen Touristen gehörten auch bekannte Persönlichkeiten wie Konrad Adenauer, Gerhard Schröder oder Bill Clinton zu den Besuchern dieses besonderen Ortes.

Die Rolandsage

Die Rolandsage spielt für die Faszination am Rolandsbogen eine große Rolle. Sagen und Legenden, wie beispielsweise um die Loreley oder die Rolandsage, wurden in vergangenen Jahrhunderten von den Menschen entlang des Rheins erzählt, überliefert und prägen bis heute die Region “Romantischer Rhein”. (vgl. Flock 2012, S. 7)

Die Rolandsage, die von Treue, Liebe und Verbundenheit über den Tod hinaus handelt, ist eine der bekanntesten. Karl Simrock vergleicht sie sogar mit Liebeslegenden wie jener von Romeo und Julia. (vgl. Roessler 2010, S. 31)

Die Sage erzählt die traurige Liebesgeschichte von Ritter Roland und Hildegunde, zwei Liebende, die sich ewige Liebe und Treue geschworen hatten und das Leben miteinander verbringen wollten. (vgl. zur Rolandsage Steinacker 1994, S. 271-286) Doch Roland musste Hildegunde verlassen, um mit dem Heer Karls des Großen auf Spanienfeldzug zu ziehen. Nach monatelangem, ungewissem Warten auf die Rückkehr ihres Geliebten erreichte Hildegunde die Nachricht über einen Hinterhalt und den angeblichen Tod Rolands. Hildegunde, untröstlich und verzweifelt über den Verlust, traf daraufhin die Entscheidung, das Gelübde als Nonne abzulegen und in das Kloster auf der Insel Nonnenwerth zu gehen. Als Roland ein Jahr später allerdings doch zurückkehrt, ist seine Hildegunde für ihn unerreichbar im Kloster. Um in ihrer Nähe zu sein, ließ er die Burg Rolandseck bauen, aus dessen Burgfenster (dem Rolandsbogen) er auf das Kloster und seine Hildegunde hinabschauen konnte. Nichtsdestotrotz waren beide mit der Situation hoffnungslos unglücklich, sodass Kummer und Leid schnell beider Leben verzehrten, um im Jenseits endlich wieder vereinigt zu sein.
Die Rolandfigur ist im Zusammenhang mit der Rolandsage allerdings historisch inkorrekt. Der historische Roland, von dem nicht viel bekannt ist, führte im Spanienfeldzug Karls des Großen im Jahre 778 eine Nachhut der Truppen an. Während des Rückzugs geriet Roland mit seinen Kriegern in einen Hinterhalt des baskischen Heers, wodurch alle getötet wurden, Roland eingeschlossen. (vgl. Preußen 2011, S. 152)
Zudem wurde die Burg Rolandseck 1122 vom Erzbischof Friedrich I. von Köln erbaut, wodurch sie mit dem gut 300 Jahre zuvor gelebten historischen Roland bzw. der Rolandsage nicht übereinstimmen kann. Der Volksmund nahm es mit der historischen Wahrheit nicht so genau und brachte mit der Zeit die Burgruine mit der mittelalterlichen Rolandsage in Verbindung. Die historischen Widersprüche zwischen dem Roland der Sage und dem historischen Roland sind allerdings für die Menschen im 19. Jahrhundert sowie auch heute eher uninteressant, da man sich die romantische Geschichte in Verbindung mit Rolandseck bzw. dem Rolandsbogen gerne erzählt, um diesen Ort mythisch zu erhöhen und damit touristisch attraktiv zu machen.

Die Bedeutung des Lyrikers Ferdinand Freiligrath für den Rolandsbogen

Als der Rolandsbogen im Jahr 1839 einstürzte, drohte die Rolandssage in Vergessenheit zu geraten. Das beide auch heute noch bekannt und berühmt sind, ist dem Dichter Ferdinand Freiligrath (1810-1876) zu verdanken, der sich für den Erhalt dieses Zeugnisses der Rheinromantik einsetzte.
Freiligrath, der sich als damals 29-Jähriger für ein poetisches Leben von 1839-1841 in Unkel am Rhein niedergelassen hatte, war von der Rheinlandschaft in dieser Region sehr angetan. Insbesondere der Rolandsbogen sowie auch der Drachenfels faszinierten den Dichter aufgrund des romantischen Motivs aus der Ferne, des dortigen Ausblicks auf das Rheintal sowie der besonderen Aura, sodass diese Ortschaften für ihn zu den bedeutsamstem Orten des Rheinlands gehörten, die es wert waren, lyrisch dargestellt zu werden. (vgl. Roessler 2001, S. 18)
Zeichnung des zerstörten Rolandsbogens von F. Freiligrath im
Brief vom 11.01.1840 an Franziska Schwiter in Köln.
aus dem Buch:
Roessler, Kurt (2006): Ein neues Rolands-Album. Bornheim: Roessler
Als in einer stürmischen Winternacht vom 28. auf den 29. Dezember 1839 der Rolandsbogen eingestürzte und somit der letzte Rest der Burgruine in Trümmern lag, befand sich Freiligrath in Köln und hatte von der Zerstörung des romantischen Denkmals nichts mitbekommen. Als er am Morgen des 8. Januar 1840 in einer Postkutsche zurück nach Unkel reiste, stellte er mit großem Entsetzen den Einsturz fest. Durch seine Liebe zum Bauwerk, die schönen Erinnerungen, Ereignisse sowie die wunderbare Sage, die er mit dem Ort verband, fühlte Freiligrath sich dafür verantwortlich, dass der Rolandsbogen nicht in Vergessenheit geraten sollte. (vgl. Roessler 1997, S. 11) Unverzüglich leitete er eine Initiative zum Wiederaufbau des Bogens ein und verfasste einen lyrischen Spendenaufruf, der am 12. Januar 1840 in der „Kölnischen Zeitung“ veröffentlicht wurde. (vgl. ebd.)

Spendenaufruf zum Wiederaufbau durch das Gedicht „Rolandseck“ in der „Kölnischen Zeitung“ vom 12. Januar 1840

Das 20 Strophen umfassende Gedicht „Rolandseck“ (vgl. Roessler 1997, S. 11), das stilistisch Ende der Spätromantik eingeordnet werden kann, besteht inhaltlich aus zwei Teilen. Im ersten Teil, der 9 Strophen umfasst, schildert Freiligrath seinen Schock, den er empfand, als er während der Kutschfahrt von Köln zurück nach Unkel in Begleitung eines spanischen Offiziers den eingestürzten Rolandsbogen wahrnahm:
“Fort, Postillion! – Die Rollen sind getauscht!/
Der Deutsche redet und der Spanier lauscht!/
Dort Rolandseck schon! – Von des Rheines Wogen/
Zur anderen Seite wend ich schnell den Blick; –/
Ich schau empor; – ich fahr entsetzt zurück:–/
O Gott, o Gott, verschwunden ist der Bogen!/
[…]
Wie Fieberschütteln hat es mich gepackt;/
Der Bogen fort; die Streben stehen nackt/
Und fröstelnd da im kalten Flockenschimmer./”
(V. 37-44).
Freiligrath fürchtete durch den Zusammenbruch das Vergessen der Rolandsage. Meyer-Doerpinghaus verweist darauf, dass dieses für Romantiker wie Freiligrath einen großen Verlust dargestellt hätte, „da für den Dichter, wie für alle Romantiker, die Mythen und Sagen Schätze von höchstem Wert sind“ (Meyer-Doerpinghaus, S.113). Um diese zu bewahren, appelliert der Dichter in den 11 Strophen des zweiten Teils an die Gefühle des Volkes bzw. an die LeserInnen der Zeitung, für den Wiederaufbau zu spenden:
“Den offnen Helm in ausgesteckter Hand /
Ruf ich euch zu: Gebt ihm den Bogen wieder!”
(V. 59f.).
Freiligrath erinnert im Besonderen an die mit der Sage verbundenen Werte wie Liebe und Treue:
“Es gilt dem Ritter und es gilt der Nonne! /
Es gilt der Liebe und es gilt der Treu! /”
(V. 93f.).
Das Spenden soll für jeden eine Herzensangelegenheit sein, da doch wohl jeder mit dem Rolandsbogen Erinnerungen und Gefühle verbinde:
Greift euch ans Herz /
[]
Gedenkt der Zeiten, die ihr oben wart! /”
(V. 95ff.).
In der letzten Strophe seines Gedichts fordert er die LeserInnen ganz direkt zum Spenden auf, sodass der Bogen Stein auf Stein wiedererrichtet werden kann:
“Jeder einen Stein! /
[]
Bringt euer Felsstück Rolands Bogen rage! /”
(V. 115120).
Freiligraths feuriger und dynamisch wirkender Spendenaufruf zum Wiederaufbau fand im Rheinland sowie in anderen deutschen Gegenden rege Resonanz und wurde zum großen Erfolg. Die Menschen waren gerührt von Freiligraths lyrischen Worten, nahmen großen Anteil und spendeten in kürzester Zeit eine ausreichende Summe. (vgl. Meyer-Doerpinghaus, S.113f.)
Teilnahme wurde nicht nur in Form von Geldspenden gern  entgegengenommen, sondern auch durch Widmungsgedichte und Kommentare, die in der „Kölnischen Zeitung“ ebenfalls veröffentlicht wurden. So fügte ein Leser seiner Spende einen Vierzeiler hinzu:
„Von C. mit den Zeilen:
Deiner Worte Zauber, Freiligrath, /
Drangen mir in tiefsten Busen ein, /
Und es folget hierauf schnell die That, /

Nimm die Gabe hin, zum ersten Stein. 10 Thlr.“

(Ruland 1976, S. 55)
Selbst Freiligrath hatte mit diesem großen Zuspruch zum Wiederaufbau nicht gerechnet und war positiv überrascht.

Freiligraths Betonung des Wiederaufbaus durch die Bevölkerung und die Missachtung von königlichen Eigentumsverhältnissen

Freiligraths Enthusiasmus nahm eine abrupte Wende, als er erfuhr, dass die Ruine nicht eigentumslos war, sondern in königlichem Privatbesitz von Prinzessin Marianne von Preußen. (vgl. Ruland 1976a, S. 55) Freiligrath, der sein Vorhaben nun in Gefahr sah, war es jedoch wichtig, dass der Wiederaufbau nicht durch die Prinzessin erfolgte, sondern der Bogen zum Erhalt der Volkssage aus dem Volk heraus gewünscht und gerettet würde. So wie die Sagen zum Kulturgut einer Region gehören und von den Menschen bewahrt werden, sollte auch das Kulturzeugnis Rolandsbogen von diesen geschützt und geschätzt werden. In einem Brief an einen Freund führte Freiligrath dazu aus:
„Die Rolandssage ist aus dem Herzen des Volkes hervorgegangen; – wie viel schöner ist es drum, wenn eben das Volk, wenn das gesammte fühlende Publikum das äußere Denkmal der Sage sich rettet, als wenn es die Prinzessin allein thut“.
(Buchner 1882, S.343, zit. n. Meyer-Doerpinghaus 2015, S.116)
Auch teilte er dem befreundeten Kölner Zeitungsverleger DuMont mit:
“Prinzessin Wilhelm ist Eigentümerin der Ruine, u. würde das Restaurationssümmchen jedenfalls selbst aus dem Ärmel geschüttelt haben, wenn ich Vagabund ihr nicht zuvorgekommen wäre! Nun heißt es schnell sein u. dem Frauenzimmer einen Fußfall thun. – Sie muß einsehen, daß es schöner ist, wenn das Volk den Bogen wieder aufbaut”.
(Houben in Kölnische Zeitung 1916, zit. n. Roessler 2001, S. 32)
Im Jahre 1840 war die Einflussnahme durch das Bürgertum und die unteren Stände eher unüblich und unerwünscht, sodass Freiligraths mit seiner Aktion aus der Rolle fiel. Er musste seinen bisherigen Spendenaufruf stoppen und sich bei der Prinzessin entschuldigen. Trotzdem versuchte er sein Ziel zu erreichen und bat die Prinzessin seinem bzw. dem Wunsch des Volkes nachzukommen. Nach zunächst schwierigen Gesprächen wurde eine Lösung gefunden, bei der beide ihr Gesicht wahren konnten. Der Wiederaufbau konnte durch die gesammelten Spendengelder eingeleitet werden und die Prinzessin stellte ihr eingespartes Geld dem Schulfonds der Gemeinde Rolandswerth zum Bau einer Schule zur Verfügung. (vgl. Meyer-Doerpinghaus, S. 120)
In Freiligraths Aktion kann man erste Anzeichen des späteren revolutionären Dichters bzw. seiner politischen Einflussnahme im Vormärz erkennen, da er mit seinem Aufruf einerseits die breite Bevölkerung getestet hatte, inwieweit diese bereit war, Einfluss zu nehmen. Andererseits hatte er die Monarchie geprüft, ob die Einmischung des Volkes geduldet und akzeptiert würde. Er sah das für sich und auch für das Volk als vaterländische Aufgabe an. (vgl. Ruland 1990, S. 6)

Wiederaufbau und lyrischer Abschluss durch die „Baurede für Rolandseck“ (1840)

Freiligrath konnte sich nun nach der Einigung mit der preußischen Prinzessin endlich der Rekonstruktion des Rolandsbogens widmen, für die er den Wiederhersteller des Kölner Doms Friedrich Zwirner gewinnen konnte. (vgl. Eulenberg 1948, S. 33)
Ob dieser den Bogen für eine größere touristische Attraktivität allerdings leicht versetzt hatte, sodass er nicht mehr wie der eingestürzte Bogen der Sage entsprechend, in Richtung des Klosters Nonnenwerth schaute, sondern in Richtung Drachenfels, ist umstritten. (Vgl.Klein/Thon 2010, S. 10)
Im Rolandsalbum, das Freiligrath 1840 herausgab, wird von einer Neuausrichtung jedenfalls nichts erwähnt. Die Streben seien „stellenweise nur verstärkt […], [und doch] ganz die alten geblieben“. (Freiligrath 1840, S. XIX)
Letztlich ging es dem Dichter in seiner schwärmerischen Sicht nur um die Erhaltung der Sage: „Die gerettete Form des Bogens, die Fensterbrüstung, die herabsieht auf Nonnenwerth – sie sind es, die die Sage festhalten, die den Rahmen bilden für die bleiche, trauernde Gestalt, die den Ort geheiligt hat“. (Freiligrath 1840, S. XIXf.)
Freiligrath war während der Bauphase mit der Erstellung einer Sammlung von ausgewählter Lyrik rund um den Rolandsbogen beschäftigt, dem sogenannten „Rolandsalbum“. Er veröffentlichte dieses zum Wiederaufbau der Ruine 1840 und widmete es ehrenvoll und aus Dank Prinzessin Marianne von Preußen. Die schwierigen Gespräche, die geführt werden mussten, wurden von Freiligrath geschickt ausgelassen bzw. beschönigt. Das Rolandsalbum enthält insgesamt 18 Gedichte verschiedener Lyriker, die sich inhaltlich überwiegend um die Rolandsage ranken. (vgl. Roessler 2010, S. 9)
Auch Freiligraths lyrischer Spendenaufruf sowie sein Gedicht “Baurede für Rolandseck“ sind in diesem enthalten, welches die Chronologie des Wiederaufbaus und in versöhnlichem Ton auch die Problematik der damit verbundenen Zuständigkeit bzw. der Besitzverhältnisse beschreibt. Das Gedicht stellt die literarische Einleitung des Rolandsalbums und damit die Danksagung an die preußische Prinzessin dar. In der Literatur besteht Uneinigkeit darüber, ob diese Baurede tatsächlich stattgefunden hat. Roessler geht davon aus, dass es eine offizielle Baurede mit verbundener Einweihungsfeier nicht gegeben hat. (vgl. Roessler 2001, S. 42f.) Deutlich wird in diesem Gedicht, dass Freiligrath froh war, sein Ziel erreicht zu haben, durch seinen unbedachten Eifer sogar letztlich mehr als ursprünglich geplant. Die Harmonie mit der Prinzessin wird noch zum Schluss des Gedichts besiegelt, wenn der Dichter die Handwerker und Gäste auffordert, mit einem Spruch auf die preußische Prinzessin anzustoßen:
“Die Gläser hebt, die Kannen /
Drei Worte sind genug:/
Das Rheinland Mariannen! /
Das ist der Zauberspruch!”
(V. 125f.)
Am 10. März 1841 waren die Arbeiten zum Wiederaufbau des Rolandsbogens endgültig abgeschlossen. Die Wiederherstellung wird als frühes Beispiel der Denkmalpflege in Deutschland angesehen, mit dem Ziel des Erhalts eines bedeutsamen Zeugnisses der Rheinromantik. Das Besondere an der Wiederherstellung war, dass diese aus dem Willen der Bevölkerung heraus organisiert wurde. Die Menschen wurden durch ihre Gefühle und Verbindungen zu diesem romantischen Zeugnis vergangener Zeit geleitet. Freiligrath hatte durch seine Aktion eine Bewegung für verschiedene Wiederaufbauten entfacht, die hauptsächlich vom Volk getragen wurden. So forderten im Jahr 1840 Bonner Bürger Spenden zur Restaurierung des Münsters und in Koblenz entstand der Wunsch aus dem Volk, den Königstuhl bei Rhens wiederherzustellen. (vgl. Ruland 1976a, S. 69)
Durch den erfolgreichen Wiederaufbau sah Freiligrath seine Mission in Unkel erfüllt und zog im März 1841 vom Rhein fort. (vgl. Roessler 2001, S. 56f.)
Freiligrath vollzog wenig später nach seinem Weggang vom Rhein einen radikalen Wandel und entwickelte ein immer größeres Interesse an der deutschen Politik. (vgl. Vogt 2012, S. 28) So wurde er durch die deutsche Revolution von 1848 zu einem der bekanntesten politischen Lyriker. (vgl. Meyer-Doerpinghaus 2015, S. 127) Für ihn war die Zeit der Romanik zu Ende gegangen. (vgl. ebd.)

Ein Denkmal für Ferdinand Freiligrath

Zur Ehre Ferdinand Freiligraths und als Erinnerung an seine Initiative zum Erhalt des Rolandsbogens im Jahre 1840 wurde dem Dichter 1914 ein Denkmal in Rolandswerth am Fußweg zum Rolandsbogen gesetzt. Das Denkmal sollte an sein Wirken für den Rolandsbogen sowie auch an seinen Einsatz für die Menschen im Aufbruch Deutschlands zur Demokratie erinnern.
Ferdinand Freiligrath und seine Lyrik sind heute allerdings weitgehend in Vergessenheit geraten, obwohl er neben Heinrich Heine und Georg Herwegh einer der populärsten deutschen Lyriker des 19.Jahrhunderts war und auch heute noch Straßen, Plätze und Schulen nach ihm benannt sind. Auch ist vielen 1989 nicht bewusst geworden, dass der Spruch „Wir sind das Volk“ der DDR-Bürgerrechtler ein Zitat aus Freiligraths Gedicht „Trotz alledem“ (Freund/ Hellfaier 2010, S. 181ff.) von 1848 ist.

Literatur

Cepl-Kaufmann, Gertrude/ Johanning, Antje (2003): Mythos Rhein. Zur Kulturgeschichte eines Stromes. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Eulenberg, Herbert (1948): Ferdinand Freiligrath. Berlin: Aufbau-Verlag.
Flock, Christiane (2012): Sagen & Legenden vom Rhein. Rheinbach: Regionalia.
Freiligrath, Ferdinand (1840): Rolands=Album. Zum Besten der Ruine. Köln am Rhein: M. DuMont Schauberg.
Freund, Winfried/ Detlev Hellfaier (Hg.) (2010): Ferdinand Freiligrath. Im Herzen trag‘ ich Welten. Ausgewählte Gedichte. Detmold: Lippische Landesbibliothek.
Klein, Ansgar S./ Thon, Alexander (2010): Burgruine Rolandseck und Rolandsbogen Remagen. Regensburg: Schnell & Steiner.
Meyer-Doerpinghaus, Ulrich (2015): Am Zauberfluss. Szenen aus der rheinischen Romantik. Springe: zu Klampen.
Preußen, Michael Prinz von (Hg.) (2011): Die Preußen am Rhein. Burgen, Schlösser, Rheinromantik. Köln: Lingen.
Roessler, Kurt (1997): Knospenträume unter dem Rolandsbogen. Der Aufbau der Ruine durch Ferdinand Freiligrath 1840 und die Wirkung auf die Rheinische Spätromantik. Bornheim: Roessler.
Roessler, Kurt (2001): Ferdinand Freiligrath und der Rolandsbogen 1839–1867. In: Eckertz, Horst/ Roessler, Kurt (Hg.): Ferdinand Freiligrath und der Rolandsbogen. Zum 125. Todestag am 18. März 2001. 2. Aufl., Bornheim: Roessler. S. 17- 62.
Roessler, Kurt (2010) Rolandsbogen. Lyrische Landschaften des Rheins. Geschichte und Gedichte der Burg Rolandseck seit 1122. Bonn u.a.: Edition Rolandsbogen.
Roessler, Kurt (2011): Die Mauern der Burg Rolandseck. 2. Aufl., Bornheim: Roessler.
Ruland, Josef (Hg.) (1976): Ferdinand Freiligrath. 1876/1976. Bonn-Bad Godesberg: Inter Nationes.
Ruland, Josef (1990): Der Rolandsbogen in Remagen-Rolandseck. Zur Wiedererrichtung vor 150 Jahren. Neuss: Neusser Druckerei und Verlag.
Steinacker, Bernhard (1994): Rheinromantik. Die Sagen der Romantiker. Opladen: Steinacker.
Vogt, Michael (Hg.) (2012): Karriere(n) eines Lyrikers: Ferdinand Freiligrath. Bielefeld: Aisthesis.
Der Rolandsbogen: Geschichte. In: http://www.rolandsbogen.de/geschichte.html (abgerufen am 16.07.2018)

Dieses Thema wurde bearbeitet von: Andreas Schmitz.